Wasseranwendungen- einfach, natürlich und effizient

Das Schöne an Wasseranwendungen ist, dass sie ganz einfach, ja kinderleicht durchzuführen sind. Man kann sie sofort und jederzeit anwenden, da in der Regel alle benötigten Utensilien irgendwo im Haus zu finden sind. Es wird kein spezielles Equipment benötigt. Das macht die Sache kostengünstig, praktisch und dabei noch hoch
wirksam! Die körpereigenen Abwehrkräfte werden aktiviert, und der Körper wird im Heilungsprozess unterstützt. «Jede Wasseranwendung beeinflusst das gesamte Körpergeschehen, weil sie über und durch die Haut auf viele Körperfunktionen einwirkt»(Uhlemayr, U. (2001-2015). Wickel & Co. Bärenstarke Hausmittel für Kinder. Urs-Verlag, S. 28, 29). Ja, es stimmt, Heilanwendungen benötigen etwas mehr Zeit, als es dauert, eine Pille zu schlucken. Aber in unserer gehetzten Zeit, in der Begriffe wie «Achtsamkeit» modern geworden sind, kann man das auch als Chance sehen. Als Chance, andere Menschen oder sich selbst liebevoll zu verwöhnen. Als Chance, sich eine Ruhepause vom Alltag zu gönnen. Als Chance, über die «Botschaft» der Krankheit nachzudenken. Ich möchte im Folgenden zwei Wasseranwendungen vorstellen:

1. Die ansteigende Kompresse

Wirkung

Die ansteigende Kompresse besteht aus einem kalten, feuchten Wickel, der auf den Körper gelegt wird. Dieser wird bedeckt, sodass die Luftzirkulation verhindert wird. Durch die initiale Kühlung kommt es zu einer kurzzeitigen Gefäßverengung. Doch danach werden die Blutgefäße als Reaktion des Körpers auf die Kälte erweitert, es kommt zu einer Mehrdurchblutung, und die Kompresse wird durch die eigene Körperwärme sanft aufgewärmt. Nicht nur die lokalen, sondern auch die tieferliegenden Gewebsschichten werden verstärkt durchblutet. Der Stoffwechsel wird angeregt, und der Körper wird beim Entgiften und Reinigen unterstützt. Außerdem kommt es zu einer Entspannung der Muskulatur, das Nervensystem beruhigt sich, und Schmerzen werden gelindert.

Anwendungsbereich

Wirkt unterstützend bei:
Hals: Halsschmerzen, Heiserkeit, Schilddrüsenproblemen, Mandelentzündung, Kehlkopfentzündung
Brustkorb: Husten, Bronchitis, Lungenentzündung
Rücken: Rückenschmerzen
Bauch: Verstopfung, Durchfall, chronischen Bauch- und Magenschmerzen
Füße: Erkältung, Schlaflosigkeit
Bei diversen Schmerzen (z. B. im Knie) werden die Kompressen auf den betreffenden Körperteil gelegt.

Durchführung

Das Innentuch wird in kaltes Wasser getaucht, ausgewrungen und auf den entsprechenden Körperteil gelegt. Es sollte feucht sein, jedoch nicht
tropfen. Danach wird der Wickel vollständig und luftdicht mit einer Plastikfolie bedeckt. Nun wird ein dicker Baumwollstoff über die beiden Schichten als erwärmendes Außentuch gewickelt und befestigt. Die Kompresse kann über Nacht oder mehrere Stunden tagsüber getragen werden. Nach dem Abnehmen des Wickels wird die Haut darunter sorgfältig abgetrocknet und eine Ruhezeit von ca. 15–30 Minuten eingehalten. Anschließend tut eine kalte oder temperierte Abreibung gut.

Vorsichtsmaßnahmen

Der Körper sollte zuvor warm sein! Wenn nötig, den Körper vor der Anwendung durch Bewegung, Sonne, heißen Tee, Bettwärme oder Bäder aufwärmen. Der Patient darf auf keinen Fall bei der Behandlung frieren. Dies ist besonders bei älteren, mageren oder geschwächten Menschen wichtig. Wenn sich die kalte Kompresse nicht bald erwärmt, kann man zusätzlich mit einer Wärmelampe, einer Wärmflasche oder heißem Tee nachhelfen. Hilft dies auch nicht, wird der Wickel abgenommen und für eine wohltuende Erwärmung gesorgt.

2. Das Wechselbad/die Wechseldusche

Ich war gerade einmal etwas länger als eine Woche auf der Sonnmatt, einem kleinen, sehr idyllisch gelegenen Gesundheitszentrum in der Schweiz. Angereist war ich, um
dort ein Praktikum als Gesundheitsberaterin zu machen und kräftig mitzuarbeiten. An diesem Abend machte ich noch einen Spaziergang in der schönen Natur, als ich plötzlich umknickte und mir den Fuß übel verstauchte. Ich konnte kaum mehr auftreten. Das war mir sehr peinlich und unangenehm, war ich doch dort, um mitzuarbeiten. Und dann passiert mir so etwas, gleich zu Beginn! Nachdem ich wieder zurückgehumpelt war, dachte ich mir: «Ich lege mich jetzt einfach ins Bett, und morgen wird alles wieder gut sein.» Aber ich konnte nicht einschlafen, der Fuß tat so weh und pochte heftig. Ich überwand mich, wieder aufzustehen, holte mir zwei Eimer, einen großen Eisklotz aus der Gefriertruhe und den Wasserkocher. Los ging`s! Ich machte ein Wechselbad für meinen lädierten Fuß. Der Schmerz ließ nach, ich ging zurück ins Bett und konnte sofort einschlafen. Und am nächsten Morgen? Es war so, als wäre nie etwas geschehen. Ich war völlig beschwerdefrei.

Wirkung

Bei einem Wechselbad wird ein Körperteil abwechselnd in heißem und kaltem Wasser untergetaucht. Dies führt zur alternierenden Verengung und Erweiterung der Blutgefäße, sozusagen zur Gefäßgymnastik. Der lokale und reflexive Blutfluss, der Stoffwechsel und die Sauerstoffzufuhr werden deutlich gesteigert. Der Kreislauf wird belebt, und die Aktivitäten der weißen Blutkörperchen zur Abwehr werden erhöht und können somit den Heilungsprozess beschleunigen.

Anwendungsbereiche

Wirkt unterstützend bei:
Gesicht: Stirn- und Nebenhöhlenentzündung
Arme: Verstauchungen, Zerrungen und anderen Traumata am Arm oder an der Hand, Atemwegserkrankungen, Arthrose, chronisch kalten Händen, Kreislaufstörungen und niedrigem Blutdruck
Beine/Füße: Verstauchungen, Zerrungen und anderen Traumata am Bein oder am Fuß, chronisch kalten Füßen, Kreislaufstörungen und niedrigem Blutdruck
Ganzer Körper (Wechseldusche): Bei beginnender Infektion.
Außerdem dienen alle Anwendungen der Stärkung des Immunsystems und können Linderung bei Kopfschmerzen und Erschöpfungszuständen bringen.

Benötigtes Material

Für das Wechselbad benötigt man zwei Gefäße, die groß genug sind, um den gewünschten Körperteil komplett unterzutauchen. Dafür kann man einfach Wäschezuber, Mülleimer, Schüsseln oder Ähnliches verwenden. Zusätzlich braucht man Handtücher, eine Kanne mit heißem Wasser zum Nachgießen oder den Wasserkocher und, falls erwünscht, Eis für das kalte Bad. Außerdem ist ein Wasserthermometer hilfreich.

Durchführung Wechselbad Arme/Beine/Füße

Das eine Gefäß wird mit warmem Wasser gefüllt (ca. 33 bis 36 °C) und der entsprechende Körperteil darin untergetaucht. Dann wird das Gefäß mit heißem Wasser bis zur Toleranz aufgefüllt (ca. 40–42 °C). Das zweite Gefäß wird mit kaltem Wasser (ca.16– 18 °C) und, falls erwünscht, mit Eiswürfeln bereitgestellt. Der Körperteil wird zuerst 3–5 Minuten lang in das warme Wasser eingetaucht, anschließend 30–60 Sekunden in das kalte Wasser. Während der
Phase im kalten Wasser wird frisches heißes Wasser zum heißen Bad hinzugefügt, damit die Temperatur erhalten oder sogar gesteigert wird. Es werden 3–5 Wechsel vorgenommen, bevor die Anwendung mit dem kalten Wasser abgeschlossen wird (falls der Patient Rheumatoide Arthritis hat, wird die Anwendung mit heißem Wasser beendet). Der betroffene Körperteil wird sorgfältig abgetrocknet. Der Patient soll anschließend unbedingt 15–30 Minuten lang nachruhen.

Vorsichtsmaßnahmen

Wer kein Wasserthermometer hat, kann die Temperatur mit dem Ellenbogen testen. Die Hände sind dafür nicht geeignet, da sie abgehärtet und an heißes bzw. kaltes Wasser gewöhnt sind. Bei Durchblutungsstörungen oder Gefühllosigkeit in den Extremitäten (z. B. bei Diabetikern) darf das Wasser nicht heißer als 39 °C sein! In diesem Fall ist ein Wasserthermometer unabdingbar! Nicht bei offenen Wunden durchführen! Falls der Patient während der Anwendung zu schwitzen beginnt, wird eine kalte Kompresse (z. B. nasses, kaltes Tuch) auf den Kopf gelegt.

Wechselbad Gesicht

Das Wechselbad für das Gesicht funktioniert prinzipiell genauso, mit dem kleinen Unterschied, dass dem heißen Wasser etwas Salz hinzugefügt wird. Bei den Gesichtsbädern kann man entweder einen Schnorchel benutzen oder aber die Luft anhalten und immer wieder zum Atmen kurz auftauchen. Es empfiehlt sich außerdem, Taschentücher bereitzulegen, da sich der Schleim in den Stirn- und Nebenhöhlen löst und gut herausgeschnäuzt werden kann.

Wechseldusche

Bei der Wechseldusche wird der Körper zuerst 3–5 Minuten lang heiß (bis zur Toleranz) und anschließend 30–60 Sekunden kalt abgebraust. Es
werden 3–5 Wechsel durchgeführt, und die Anwendung wird mit kaltem Wasser beendet (bei Rheumatoider Arthritis wird die Anwendung mit heißem Wasser beendet). Unbedingt 15–30 Minuten lang nachruhen. Vorsicht, die Wechseldusche ist eine sehr intensive Anwendung. Sie zeigt, wie stark Wasser in verschiedenen Temperaturen auf unseren gesamten Körper Einfluss nimmt. Falls man diese Anwendung nicht gewohnt ist, sollte man am besten mit einer Begleitperson oder mit einem Duschhocker und weniger extremen Wechseln beginnen. Bei Kreislaufbeschwerden sofort beenden!
Kleiner Tipp zur Stärkung des Immunsystems: Jeden Tag die heiße Dusche mit kurzem, kaltem Abbrausen beenden!
Abschließen möchte ich mit den Worten des bekannten Hydrotherapeuten Sebastian Kneipp (1821–1897): «Ist das Wasser für den gesunden Menschen ein vorzügliches Mittel, um seine Gesundheit und Kraft zu erhalten, so ist es auch das natürlichste und einfachste Heilmittel.»

Leonie Feser

DVG-Gesundheitsberaterin, Ergotherapeutin

Leben & Gesundheit Ausgabe 3/2020